Debatten –
Die Entwicklung von „transkultureller Kunsttherapie“- oder auch „interkultureller Kunsttherapie“ ist in Deutschland ein noch junges Arbeitsfeld. Das gilt auch für die anderen kreativtherapeutischen Verfahren. An dieser Stelle möchte ich für alle Interessierten Anregungen- und einen Einblick in den Stand des Diskurses geben. An dieser Stelle können darum auch Texte anderer Autor*Innen veröffentlicht werden (bitte dazu Kontakt mit mir aufnehmen).
Ich möchte damit einen kleinen Beitrag zum schulenübergreifenden Austausch und zur Entwicklung eines Fachprofiles für Professionen leisten, deren Potentiale in Deutschland noch wenig bekannt und anerkannt sind .
Auf dem Weg zur ‚Durchlässigkeit für die Erfahrungen anderer…‘ (Prof. Doris Titze, 2017)
Migrationsbewegungen können als Schwellensituationen im Leben von Menschen betrachtet werden, die unter erschwerten Bedingungen bewältigt werden müssen. Kunsttherapeut*Innen arbeiten im Land und international mit diversen Menschen, es mangelt aber speziell in Deutschland am Austausch und an Möglichkeiten der Professionalisierung. Die Stichworte der Jubiläumsausgabe der Fachzeitschrift „Kunst & Therapie“ des Jahres 2017 wie „Übersetzungstätigkeit-Entwicklung-Neuerschaffung“ könnten Bezugspunkte einer solchen Debatte sein. Es ist nicht ‚alles anders‘ in der interkulturellen- oder transkulturellen Begegnung. Doch gilt es, spezielle Fähigkeiten zur Selbstreflexion zu entwickeln. Auch in den künstlerischen Therapieformen ist Kultursensibilität nur mit intensiver Selbstbeobachtung und im unumgänglichen transkulturellen Austausch zu erreichen. Künstler*Innen sind nicht wie selbstverständlich ‚kultursensibel‘.
Künstler*innen sind zweifellos Expert*innen darin, offene Situationen zu entwerfen und auszuhalten, für die gesellschaftlich und individuell noch keine Lösung in Sicht scheint. Sie können daher als versiert im Umgang mit Schwellenräumen und Unwägbarem betrachtet werden. Das ist eines ihrer Potentiale.
Doch wie sieht der eigene Kulturbegriff aus und worin zeigt sich denn „eigene Kultur“? Auch, wenn Künstler*Innen als Spezialisten für Fragen von ‚Kultur’gelten können, bedeutet das nicht automatisch, dass sie sich mit diesen Fragen beschäftigt haben.
Welche Prägungen hat ‚Geschichte in uns‘ geformt, was lebt darin weiter? Welche Beziehungsdynamiken sind erwartbar, welche Schwierigkeiten können unter dem Aspekt ‚Diversität‘ in künstlerischen Therapien auftauchen? Worin liegen die besonderen Potentiale der Profession zu diesen Aspekten? Welche Standards sollen sich herausbilden?
Formen von „transkultureller Supervision und Intervision“ und künstlerische Selbsterfahrungsgruppen, die diese Fragen in den Blick nehmen, stellen sich als unverzichtbare und sehr geeignete Werkzeuge zur Entwicklung einer kultursensiblen und ‚diversen‘ Kunsttherapie dar.
Von Barbara Stellbrink-Kesy im Dezember 2019